Kriminologe warnt vor Kik-Messenger
Weil der Kik-Messenger anonyme Chats zulässt und dadurch Sexualtäter anzieht, warnen Kriminologen und Jugendschützer vor der Whatsapp-Alternative. Der Messenger sei für Pädokriminelle besonders attraktiv.
Der Kriminologe und Jugendschützer Thomas-Gabriel Rüdiger warnt vor der Whatsapp-Alternative Kik-Messenger, die bereits über 100 Millionen Nutzer hat. Der Messenger sei für Sexualtäter besonders attraktiv, „weil Nutzer dort anonym ohne Angabe ihrer Handynummer kommunizieren können. Außerdem können Mediendateien wie Bilder einfach und mobil ausgetauscht werden.“
Der Kik-Messenger, der auf Smartphones und Tablets installiert werden kann, wird vor allem von 11- bis 15-Jährigen genutzt. Gerade weil der Messenger hauptsächlich von Kindern und Jugendlichen verwendet wird, zieht er aber auch Pädophile an. Ein Blick in die Bewertungen im Google Play Store zeigt fast tagtäglich Kontaktgesuche, die sich ausdrücklich an Minderjährige wenden, sowie Nutzer, die sich explizit gegen Kontaktanbahnungen Pädophiler verwehren.
Gerade Cybergroomer, die als Täter Kontakt mit Kindern über soziale Medien wie Kinder-Chatportale und Onlinegames aufnehmen, um eine sexuelle Interaktion einzuleiten, nutzen nach Rüdigers Erfahrung die medialen Möglichkeiten von Diensten wie Skype und dem Kik-Messenger. Rüdiger:“Häufig geht es Sexualtätern darum, Bildmaterial oder einschlägige Chat-Protokolle etwa durch Sexting in die Hand zu bekommen, um mit diesen Kindern zu weiteren Handlungen zu erpressen.“ Thomas-Gabriel Rüdiger forscht als Kriminologe am Institut für Polizeiwissenschaft der FH der Polizei des Landes Brandenburg zu Interaktions- und Kommunikationsrisiken in sozialen Medien. Außerdem ist er im Beirat der Deutschen Kinderschutzhilfe.
Instagram und Kik gelten zusammen als gefährlich
Vor allem die Verbindung von Kik und Instagram gilt als gefährlich für Kinder und Jugendliche, weil Instagram-Nutzer gezielt Kik-Nutzer zu Chats einladen. Eltern sollten ihren Kindern daher beibringen, nicht auf Nachrichten von Unbekannten zu reagieren. Rüdiger sagt auch: „Kindern sollte auch verdeutlicht werden, wie problematisch es heutzutage ist, Bilder wie Selfies von sich anzufertigen und vermeintlichen Internetbekanntschaften oder sonstigen Personen zu senden.“ Denn einerseits machten sich Kinder dadurch erpressbar, andererseits könne die Veröffentlichung entsprechender Bilder zu Folgehandlungen wie Cybermobbing führen oder gar auf einschlägigen pornografischen Seiten landen. Eltern sollten daher klare Regelungen mit dem Kind aufstellen, was die Nutzung solcher Messenger angeht.
Rüdiger kritisiert das Google-Bewertungssystem, das vor allem beim Kik-Messenger eher einem Kontaktforum ähnele: „Eine Überprüfung, wer hier mit wem in welcher Form Kontakt aufnimmt – auch wer wie alt ist -, findet nicht statt.“ Google-Sprecher Klaas Flechsig gibt zu, dass Bewertungen und Kommentare vor ihrer Veröffentlichung nicht überprüft würden. Google setze aber auf ein Flagging-System, über das Nutzer auf fragwürdige Inhalte hinweisen könnten. Auch Apps könnten auf ähnliche Weise beanstandet werden.
Google hat für den Play Store ein Rating-System entwickelt, bei dem Eltern Kindern online über eine Pin die Apps für einzelne Bewertungsstufen freigeben können. Im Google Safety Center gibt Google Tipps für Eltern, allerdings nur auf Englisch. Die Einstufung einer App übernehmen allein die Entwickler der App. Google überprüft diese nicht, sondern verlässt sich auch hier auf das Flagging-System.
Für den Kik-Messenger etwa gibt es keine Alterseinstufung. Bei jedem Kauf einer App muss man außerdem ein Passwort eingeben – das gilt aber nicht für kostenlose Downloads. Hier können Eltern nur durch eine zusätzliche Jugendschutz-App wie beispielsweise Child Protect für Android den Download und die Verwendung von Apps gezielt kontrollieren.
In Deutschland ist der Kinder- und Jugendmedienschutz primär eine Aufgabe der Eltern. Zwar gibt es auch die Landesmedienanstalten, die für den Kinderschutz bei Onlineinhalten zuständig sind, doch gerade bei Apps scheint es eine Regelungslücke zu geben. Rüdiger kritisiert: „Für den Bereich der Apps erscheint es mir zudem so, dass bis jetzt nicht richtig bekannt ist, wer eigentlich für das Durchsetzen von Kinderschutzaspekten hier zuständig ist. Anders kann man sich eigentlich nicht erklären, warum auf die immensen Hinweise in den Kommentaren im Google Play Store bisher nicht reagiert wurde.“
Der Staat sei in der Pflicht
Rüdiger denkt daher, dass der Staat seine rechtlichen Regularien an die Entwicklung in den sozialen Medien anpassen müsste. Denn: „Auch im Straßenverkehr verlässt sich die Gesellschaft darauf, dass Eltern die Primärprävention übernehmen, dennoch ermöglicht der Staat durch entsprechende rechtliche Regelungen erst eine risikominimierte Teilnahme.“
Derzeit werde aber nur geprüft, ob Programme für Kinder gewalthaltige oder pornografische Inhalte hätten. Doch ob die Programme auch von Sexualtätern genutzt werden könnten, um Kontakt mit Kindern aufzunehmen, werde nicht geprüft.
Während die australische Polizei vor dem Kik-Messenger im vergangenen Jahrausdrücklich als Social-Media-Problem Nummer 1 von Teenagern warnte, liegen der polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes
nach Aussage des Sprechers Harald Schmidt noch keine Erkenntnisse vor. Im Netz sind jedoch schon Fälle zu finden, in denen Nutzern geraten wird, sich an die Polizei zu wenden